PassGENau. Nutrigenetik – Teil 2
Vorab ein kurzer Reminder meines vorherigen Beitrags:
Die Nutrigenetik untersucht die Beziehung zwischen Ernährung und Genetik. Die zentrale Frage ist, wie unsere Nahrung, bzw. einzelne Inhaltsstoffe daraus mit unseren Genen interagieren und wie sie unseren ganz persönlichen Stoffwechsel dabei beeinflussen.
Die Gene sollen einen sehr ausschlaggebenden Faktor dafür darstellen, wie wir Nährstoffe aufnehmen und verwerten. Eben das ist nämlich bei jedem Menschen unterschiedlich. Ein Gentest soll die Grundlage für passgenaue und personalisierte Ernährungspläne darstellen, deren Umsetzung uns in Zukunft vor Übergewicht und/oder Krankheiten besser schützen soll.
Dieser Forschungszweig sei jedoch noch nicht so weit ausgereift und die Genanalysen nicht differenziert genug, so der mehrheitliche Tenor von Wissenschaftlern die sich intensiv mit dieser Thematik beschäftigen. Um personalisierte Konzepte zu erstellen, die effektiv dabei unterstützen, die Grundnährstoffe Kohlenhydrate, Fette und Eiweiße und die benötigten Vitamine und Mineralstoffe individualisiert richtig zu gewichten, bräuchte es eine differenziertere Analyse.
Die Gene, bzw. die genetische Disposition, die ein Mensch mitbringt, sind eine Sache. Einige genetische Voraussetzungen sind festgelegt, andere wiederum hängen jedoch maßgeblich von dem eigenen Lebensstil und äußeren Einflüssen ab.
Unternehmen, die personalisierte Ernährungskonzepte auf Basis der Genanalyse bereits anbieten, seien in erster Linie gewinnorientiert. Neben der Genanalyse würden nämlich häufig Nahrungsergänzungsmittel verkauft…
Ok, mich hat das Ganze interessiert und deshalb habe mir ein solches Gentest-Set einfach mal zuschicken lassen.
Hier sind meine ganz persönlichen Gedanken und mein vorläufiges – vorläufig weil alles immer im Fluss ist – Fazit dazu:
Zunächst einmal ist es nicht einfach mich, als Nicht-Mediziner, mit diesem Thema adäquat auseinanderzusetzen, denn dieses Naturwunderwerk Körper ist hochkomplex und die Wissenschaften in diesem Bereich ebenso. Ich lerne ständig dazu und erarbeite mir weiteres Fachwissen über den Grundaufbau des menschlichen Körpers und über die biochemischen Zusammenhänge.
Da ich keine eigenen Forschungen betreiben kann, konzentriere ich mich auf Fachliteratur, genauso wie auf den Austausch und der Diskussion mit anderen Menschen und den Erkenntnissen aus unterschiedlichsten Studien. Ganz wichtig für mich ist es, aus dem Ideenpool und dem ganzen Wissensschatz die Schlüsse ziehen zu können, die mir selbst als logisch erscheinen.
Bei manchen Themen komme ich aber auch zu dem Schluss, (noch) keine Schlussfolgerung ziehen zu können, da fehlen dann noch grundsätzliche Kenntnisse. Wissen, das ich mir selbst noch nicht erarbeiten oder nicht aus anderen, sicheren Quellen erhalten konnte.
Wenn mich ein Thema jedoch wirklich fasst und interessiert und/ oder es für meine Arbeit einfach wichtig ist, dann verfolge ich es sehr akribisch weiter.
Und wenn ich mir dann eine persönliche Meinung bilde, basiert diese auf meinem besten (Ge-)Wissen und modernsten, mir zugänglichen, Studienergebnissen.
Und da ist dann gleich der nächste Punkt. Einige Studien sind mir zugänglich, andere sind es nicht, aber welche Studien bringen wirklich gesicherte, unabhängige oder fundierte wissenschaftliche Erkenntnisse?
Studien werden in Auftrag gegeben. Da stellt sich die Frage nach der Motivation der Auftraggeber. Deshalb möchte ich zunächst mal herausfinden, woher eine Studie kommt, bzw. wer sie in Auftrag gegeben hat und aus welchem Grund. Denn damit ist auch deren Glaubwürdigkeit eng verbunden. Für mich ist dies nicht immer sehr transparent.
Ich mache mir viele Gedanken dazu und die wirbeln noch ziemlich durcheinander in meinem Kopf herum. Deshalb habe ich mich auch etwas schwer damit getan, diese überhaupt aufzuschreiben….trotzdem, und weil ich es versprochen habe, lasse ich euch daran teilhaben…
Ich habe mich u.a. intensiv mit einer Frage auseinandergesetzt: Wie würde ich persönlich reagieren, wenn die Analyse meines Gentests ergeben würde, dass ich, genetisch bedingt, einen größeren Anteil an Kohlenhydraten zu mir nehmen sollte, als ich dies jetzt tue. Oder wenn ich z.B. mehr Fleisch essen sollte. Ich denke nicht, dass ich mich darauf hätte einlassen können. Denn das würde dem, was ich mir bisher erarbeitet, gelernt und erfahren habe und woraus ich die für mich stimmigen, logischen Schlussfolgerungen ziehe, komplett widersprechen.
Für mich selbst habe ich die Ernährungsform gefunden, die mir richtig erscheint. Sie tut mir gut und ich kann sie vertreten. Meiner genetischen Disposition scheint dies zu entsprechen. Auf veränderte körperliche Bedürfnisse und dem stetig sich im Wandel befindlichen Leben reagiere ich und passe meine Ernährung dementsprechend an.
Personalisierte Empfehlungen auf Basis einer differenzierten Genanalyse können dabei hilfreich und ein gutes Instrument sein, um Menschen zu sensibilisieren und ihr eigenes Bewusstsein dafür zu schaffen, besser auf sich und die eigene Gesundheit zu achten. Denn das, was wir uns täglich einverleiben, sollte Leib und Seele zusammen halten – im wahrsten Sinne – und liegt in unserer eigenen Verantwortung.
Das Set, das ich bekommen habe, enthielt neben den Röhrchen für den Gentest eine Auswahl verschiedener Nahrungsergänzungsmitteln. Natürlich hat mich niemand dazu gezwungen die zu nehmen, aber das Angebot stand überdeutlich im Raum. Unterstrichen durch beiliegende Auftragszettel für die unkomplizierte Nachbestellung…
Ich gebe zu, das hat mich gestört, weil es dem, wovon das Unternehmen doch eigentlich überzeugen möchte, nämlich von dem gesundheitlichen Nutzen einer personalisierten Ernährung, also einer, die ganz individuell nur auf mich und meinen Bedarf zugeschnitten ist, etwas an Glaubwürdigkeit genommen hat.
Der wirtschaftliche Gedanke des Unternehmens stand für mich deutlicher im Fokus. Das crasht mit meinen ethischen Ansprüchen in dieser Sache. Sorry. Es gab und gibt bis heute ja noch keine Analyse meiner Genetik. Also was soll eine prophylaktische Allgemeindusche an Nahrungsergänzungen Gutes für mich tun? Für mich ist dies ein Grund den kritischen Blick, den ich darauf habe, noch etwas zu schärfen.
Ich stehe Nahrungsergänzungen sowieso eher skeptisch gegenüber. Es gibt Ausnahmen, bestimmte Lebenssituationen oder –weisen und Indikationen, die eine Supplementierung sinnvoll oder sogar notwendig machen, im Normalfall sehe ich jedoch keinen Nutzen darin. Im schlimmsten Fall kann es sogar extrem schaden. Aber das ist ein anderes und auch ganz eigenes Thema, das ich gern in einem gesonderten Beitrag näher betrachte.
Das die Industrie und Unternehmen gewinnorientiert arbeiten ist kein Verbrechen. Sollen und müssen sie ja auch. Wir selbst sollten nur aufmerksam sein, uns nicht zu sehr blenden lassen, dabei trotzdem offen und neugierig bleiben und die Verantwortung für uns selbst fest in den eigenen Händen behalten. Dazu gehört es eben auch, sich zu informieren, Dinge zu hinterfragen und seine eigene Logik darin zu finden.
Für mich persönlich habe ich entschieden, diese Genanalyse (noch) nicht zu machen. Ich werde die Entwicklungen in diesem Bereich zunächst weiter aufmerksam verfolgen. Was die Zukunft bringt…who knows?
Vielleicht hat jemand von euch bereits Erfahrungen damit gemacht und/ oder praktiziert eine personalisierte Ernährungsform auf Basis seiner Genetik?
Dann bitte schreibt mir und erzählt mir davon. Ich interessiere mich sehr für eure Sichtweisen, Erfahrungen oder Anregungen zu diesem Thema.
Alles Liebe, Eure Claudie