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Die Sache mit dem manifestieren

…und fordern wir Sie hiermit letztmalig auf…

..na toll…letzte Mahnung. Kann sich das Universum jetzt bitte mal beeilen mit dem Reichtum und der Fülle? Ich kann jetzt wirklich nicht mehr länger warten…

Aber was mache ich, wenn das Geld gar nicht kommt? Ich hab doch schon so einiges davon ausgegeben…schließlich hab ich voll darauf vertraut, dass die Sache mit dem manifestieren klappt.

Hab ich etwas falsch verstanden? Oder ist das Universum gerade mit viel wichtigeren Dingen beschäftigt und hat mich einfach nur übersehen? Ghostet es mich?

Dabei habe ich doch all die superheißen Tipps dieser Hunderttausendfollower-denk-dich-reich-und-glücklich-und-manifestiere-dir-alles-was-du-willst-und-noch-viel-mehr-Coaches auf diversen social-media-Kanälen ganz genau befolgt.

Und auch mein alter Kumpel Freddy, der früher mal bei einem großen Autohersteller am Band gestanden hatte, bis er dann echt schlimm „Rücken“ bekam und über die Corona-Zeit in Windeseile zum Rich-and-beauty-Coach transformierte, hat mich in die Tiefen seiner neuerworbenen Wissenswelt zum Thema Manifestieren blicken lassen:

„Liebes, wenn Du Geld in Dein Leben bringen willst, dann geh‘ Dir doch mal selbst aus der Sonne. Du scheinst nicht die richtige Haltung dazu zu haben. Vielleicht glaubst Du ja, Du hättest es nicht verdient? Hm? Kann da was dran sein?“

Ich bin beeindruckt. Hab dem Freddy so viel Weisheit gar nicht zugetraut.

Ist ja nicht so, dass mir der Gedanke nicht auch schon gekommen wäre, mir irgendwie selbst im Wege zu stehen…

Ne, echt, gerade kürzlich habe ich noch so ein richtig gutes Buch gelesen…ist auch momentan ganz weit vorne in der Bestsellerliste…wie man sich mit eigenen inneren Überzeugungen und negativen Glaubenssätzen selbst immer wieder voll ausbremst…und da stehen sogar Übungen und Anleitungen drin, wie man die überwinden kann…hab ich auch alles total verstanden…ehrlich…aber trotzdem…ist halt nicht so leicht sich einfach mal so umzuprogrammieren…

Das Buch steht jetzt im Ikea-Regal bei den hundertfünfzig anderen von der Sorte…Lebensratgeber kann man ja nie nicht genug haben.

„Nun ja…kann sein…ich weiß nicht…Geld ist mir eigentlich gar nicht so wichtig…also irgendwie…obwohl…so ein bisschen mehr dürfte es schon sein…also schon gern…auf jeden Fall soviel, dass ich meine Rechnungen bezahlen und mir schöne Sachen kaufen kann…und reisen will ich auch…was von der Welt sehen…“

„Liebes, so kann das aber nix werden. Das versteht das Universum ja gar nicht…schöne Sachen kaufen…was von der Welt sehen…wieviel Geld soll’s denn sein? Was heißt „ein bisschen mehr“? Nein, nein, da musst Du ganz anders rangehen. Du musst viel konkreter werden.“

„Wie jetzt? Ne genaue Zahl, oder was?“

„Ja. Eine ganz konkrete Zahl. Was willst Du konkret im Monat oder im Jahr verdienen? Überleg Dir das. Und dann gib die Zahl ins Feld.“

„Ins Feld? Welches Feld?“

„Na, ins Feld halt, ins Energiefeld…ins Universum. Du willst doch die Unterstützung vom Universum, oder etwa nicht?“

Bei den letzten Worten schaut Freddy etwas streng.

„Doch…na klar…auf jeden Fall…Unterstützung ist wichtig…äh…richtig wichtig…also ja…ich will das. Wie mach ich das denn jetzt genau?“

„Liebes…“ Freddy scheint besänftigt und irgendwie voll im Element „…es ist wirklich gaaaanz einfach. Schau mal, bei mir funktioniert es ja auch. Und Du weißt, wie ich mich früher immer abrackern musste für meine Kohle…weißt Du doch, oder? Wenn ich da schon gewusst hätte, wie einfach alles sein kann, hätte ich schon viel früher manifestiert. Man muss halt wissen, wie es geht. Und jetzt steht am Ende des Jahres genau die Zahl auf meinem Konto, die ich bestelle…manchmal sogar mehr…aber nie weniger…ehrlich jetzt.“

Ich bin beeindruckt.

„Also, Du visualisierst Dir jetzt die genaue Zahl, die Du am Ende des Jahres auf dem Kontoauszug sehen willst und dann gehst Du damit in Resonanz.“

„In Resonanz?“

„Ja, Liebes. Schwingungen und so. Verbinde Dich mit der Zahl. Schwing Dich voll darauf ein. Schreib sie überall hin. Bastle Dir einen Kontoausdruck, wo die Zahl als Plus erscheint und häng Dir das in Deine Wohnung. Schau Dir das jeden Tag mehrmals an. Und dann, ganz wichtig, sagst Du Dir, am besten auch jeden Tag, folgendes Mantra: Ich habe soundsoviel Geld auf meinem Konto. Sag auf keinen Fall, “ich möchte oder ich werde soundsoviel Geld auf meinem Konto haben”, sondern sag „ich habe“, tu so, als ob es schon da wäre. Lebe in der Fülle. Du bist eine Königin. Vergiss das nicht.“

Ich bin eine Königin.

Ich lebe in der Fülle.

Ich bin reich.

Ich habe soundsoviel Geld auf meinem Konto.

„Ich bin eine Königin. Ich lebe in der Fülle. Ich bin reich. Ich habe soundsoviel Geld auf meinem Konto.“ sprudelt es aus mir heraus.

Plötzlich fühle ich mich ganz leicht. So unbeschwert. Ist ja total einfach das Ganze. Bäume könnte ich ausreißen…allen Untertanen gönnerhaft übers Haupt streichen…ich sehe mich in flammender Rede in der Speakers Corner frohe Botschaft verkünden…oder erst einmal eine ausgiebige Shopping Tour machen…ja…das Universum liebt mich.

„Genau, Liebes. Jetzt hast Du’s. Bleib ganz in dieser Frequenz. Lebe in Fülle und die Fülle ist bei Dir. Das Geld kommt dann von ganz allein. Das ist sozusagen ein Naturgesetz.“

In den nächsten Tagen bin ich voll damit beschäftigt, dem Universum ganz klare Anweisungen zu erteilen. Wir wollen ja nichts dem Zufall überlassen. Der Betrag steht. Mein Wille ist felsenfest. Kann losgehen.

Bin in der Stadt um mir eine riesige Leinwand für mein Visionboard zu kaufen. Das soll DAS super Tool zum Visualisieren sein. Den Tipp und die Anleitung dazu gab es ganz umsonst von einem der Hunderttausendfollower-denk-dich-reich-und-glücklich-und-manifestiere-dir-alles-was-du-willst-und-noch-viel-mehr-Coaches auf TikTok.

Dazu noch bunte Stifte und ein paar tolle Reich-und-Schön-Magazine aus denen ich die Fotos ausschneiden und auf das Visionboard kleben kann.

Und, wo ich schon mal in der Stadt bin…nehme ich gleich auch noch dieses coole weiße Leinenhemd mit (sieht so schön nach Künstlerin aus)…ich meine nur, wegen der Leinwand und so…zwei neue Jeans…ja, die brauche ich unbedingt…und die Wahnsinns-High Heels…die ich allerdings da wo ich so unterwegs bin kaum tragen kann…aber egal…der richtige Anlass kommt dann schon…und sie waren im Angebot…ich schwöre…

Wieder zuhause fühle mich ein bisschen zurück versetzt in meine Kindheit. Da hab ich auch so viel geträumt und mir vorgestellt, wie es ist, wenn ich groß bin…alles, alles, alles war möglich…ich konnte heute die und morgen eine ganz andere sein…mal war ich eine berühmte Schauspielerin mit großem Haus und Swimmingpool, mal hatte ich einen Bauernhof mit ganz vielen Tieren und ein anderes Mal war ich Wissenschaftlerin und habe Mittel gegen alle möglichen Krankheiten gefunden…ich-mach-mir-die-Welt-wie-sie-mir-gefällt…magic…

Und ein bisschen erinnert mich das jetzt daran. Wie ich so vor meinem Visionboard stehe, täglich mehrmals positive Affirmationen laut aufsage, sanft auf meinem Meditationskissen vor mich hinschwinge und bei allem ernsthaft versuche ganz fest daran zu glauben, dass irgendeine höhere Macht, sagen wir das Universum, all die kleinen und großen Steine aus dem Weg räumt und mir alle ganz weltlichen Schritte, die ich ja sonst so mühsam selber gehen müsste, um zum Ziel zu kommen, abnimmt…

…und fordern wir Sie hiermit letztmalig auf…

Shit. Mein Füllhorn scheint irgendwie ein Loch zu haben.

Scheiß Manifestieren. Scheiß positive Affirmationen. Scheiß Freddy. Scheiß Insta und TikTok-Tussis…und überhaupt das ganze scheiß Universum funktioniert nicht. Jedenfalls nicht bei mir.

Freddiiiiii….

„Liebes, Du hast wahrscheinlich irgendwo einen Fehler gemacht. Da scheint sich was aufgehängt zu haben. Hast Du das Mantra täglich wiederholt? Hast Du auch klar formuliert und visualisiert? Und hast Du auch wirklich daran geglaubt?“

JA, hab. ich. Hab ich. Hab ich. Hab ich alles.

Hätte ich mir ja denken können. Es liegt an mir. Ich bin eben nicht gut genug. Keiner mag mich. Nicht einmal das Universum. Wahrscheinlich liegt‘s an meinem schlechten Karma. Oder vielleicht hab ich’s auch einfach nicht verdient?

STOP.MAL.KURZ.

Ich werde das Gefühl nicht los, irgendetwas stimmt hier nicht. Irgendetwas fehlt doch noch. Irgendetwas ganz Wesentliches scheine ich zu übersehen.

Freddiiiiiiiiieeee.

„….“

…Teilnehmer ist gerade nicht available…

OK, hier verabschiede ich mich erst einmal von Freddy und allen Hunderttausendfollowermindchanger-denk-dich-reich-und-glücklich-und-manifestiere-dir-alles-was-du-willst-und-noch-viel-mehr-Coaches.

Danke, Ihr wart toll. Ich verlasse Euch an dieser Stelle und ziehe noch ein bisschen weiter.

Denn mit dem Wünschen und Visualisieren ist es alleine wohl nicht getan. Deshalb endet das manifestieren nicht beim Wünschen und Visualisieren. Aber es beginnt eben genau dort.

Ab jetzt ist allerdings der richtige Move gefragt. Runter vom Meditationskissen, Visionboard als Hintergrundbild aufs Handy (kann nicht schaden) und dann mal los.

Zum Glück habe ich meine griechische Hündin. Wir gehen jeden Tag spazieren. Ist ja klar. Viel Zeit zum Träumen. Und ich liebe es, mir auf diesen, oft ganz langen, Spaziergängen alles Mögliche auszumalen. Visionen, Wünsche, mich selbst in verschiedenen Versionen, bis ins allerallerkleinste Detail. Das macht so gute Laune und es bringt mich immer wieder auf ganz neue Ideen. Neue Möglichkeiten. Andere Wege.

Ich fühle mich in solchen Momenten, genau dann, wenn mir plötzlich Zusammenhänge bewusst werden, sich neue Perspektiven öffnen, sehr verbunden.

Verbunden mit dem, was Freddy „Fülle“ genannt hat. Vielleicht hat er etwas anderes damit gemeint. Egal.

Ich erlebe diese Fülle als Quelle, die nicht versiegt. Als den Reichtum, der echt ist. Und nachhaltig.

Aus dieser Quelle bekomme ich oft genau die Antworten, die mich auf die nächste Stufe führen. Den nächsten Schritt auf dem Weg zu meinen Zielen, Wünschen und Visionen.

Gehen muss ich die Schritte aber selbst.

Es ist mein Manifest, das ich selbst gestalten und sichtbar machen muss.

Und ja, ich hole mir die Unterstützung des Universums. Indem ich frage: Was ist der nächste Schritt zu meinem Ziel? Genau zuhöre. Und dann diesen Schritt mache.

Vorausgesetzt ich will mein Ziel wirklich erreichen.

Manchmal, nicht selten, bremst mich was aus. Manchmal, mittlerweile selten, suche ich diese Bremse dann im Außen. Dort ist sie aber nur ganz selten.

Meistens ist diese Bremse in mir selbst. „Das schaffe ich nicht.“, „Ich habe das nicht verdient.“, „Ich bin nicht gut genug.“, „Keiner mag mich.“

Innere Überzeugungen, Glaubenssätze, die ziemlich destruktiv wirken und zu echten Hürden werden können, auf dem Weg zu neuen Ufern.

Insofern hatte Freddy voll recht mit dem „geh Dir aus der Sonne.“

Das ist die Challenge beim manifestieren. Das, was von innen heraus so ausbremst zu überwinden und trotzdem weiter dranzubleiben.

Es kann manchmal ziemlich chaotisch werden, wenn an den inneren Programmierungen aus Überzeugungen und Glaubenssätzen gerüttelt wird.

Auf diesen Feldern sollten dann lieber keine high-von-sich-selbst-denk-dich-reich-und-glücklich-und-manifestiere-dir-alles-was-du-willst-und-noch-viel-mehr-Freddies ihre Übungsmatten ausbreiten.

Macht mein Freddy auch nicht. Der ist wahrscheinlich gerade im Fitnessstudio. Der Freak. 🙂

…und fordern wir Sie hiermit letztmalig auf…

Ja, ja, ich komm ja schon…

Und Freddy ist ganz sicher einer von den Guten…hab Lust auf weitere Gespräche mit dem Typen…mal sehen, was als nächstes kommt…

Jetzt wird es aber höchste Zeit die olle Rechnung zu bezahlen.

Bis bald, und DANKE fürs Lesen. Ich hoffe, es hat Freude gemacht…

…der Parkplatz vor der Bank ist übrigens schon mal bestellt beim Universum…nur zur Sicherheit… 🙂

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