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20 Sekunden Mut – oder Freddy, der Zoo und ich

Freddy ruft an.

„Liebes, ich hab letztens einen fantastischen Film gesehen – Wir kaufen einen Zoo.- kennst Du den?“

„Typisch“, denke ich. Wenn Freddy anruft, dann grundsätzlich so, als wäre er in einem emotionalen TED Talk über das Leben. Kein Hallo, kein „Wie geht’s?“ oder „hast Du kurz Zeit?“ – gleich volle Kanne Pathos und mitten rein. Aber so ist er. Und so lieb ich ihn.

Freddy kennst Du, oder? Meinen alten Freund aus Jugendzeiten? Wenn du meine Texte liest, ist er dir vielleicht schon mal begegnet. Im Blog „Die Sache mit dem Manifestieren“ triffst du ihn jedenfalls… also…falls noch nicht geschehen…eine Bekanntschaft mit Freddy lohnt sich immer.

Freddy hat seine kurze, mäßig erfolgreiche, dafür aber umso leidenschaftlichere Rich-and-beauty-Coach-Karriere an den Nagel gehängt und ist mal eben so nach Wien gezogen. Der Liebe wegen. Sein dieses-Mal-auf-jeden-Fall-der-Richtige-Michi, ein echtes Wiener-Schmäh-Original, ist allerdings bereits Geschichte, aber die Liebe zu Wien…die ist geblieben. Und ein bisschen Schmäh sowieso.

„Liebes…? Bist du noch da?“ da ist er wieder, dieser, für mich, leicht irritierende Wiener Akzent… schließlich kommt der Mann aus Bielefeld…aber das Ostwestfälische liegt ihm halt nich so…wenig Glamour und schon gar kein Schmäh…nix für meinen Freddy 🙂

„Hallo Freddy… danke der Nachfrage, mir geht’s gut… :-). Wir kaufen einen Zoo? Nie gehört…“

Er schnauft empört.
„Liebes! Matt Damon! Der Mann verliert seine Frau, sein Herz ist gebrochen, die Kinder todtraurig – und dann kauft er einfach… einen Zoo! Mit Tigern, Affen, Schlangen, allem! Ich mein, das ist doch großartig!“

Ich: „Na ja… wer kommt in einer existenziellen Krise nicht als erstes darauf, einen Zoo zu kaufen? Ich meine, ist ja keine schlechte Idee…“

„Papperlapapp!“, unterbricht mich Freddy ungeduldig.
„Das ist pure Lebensmetapher! Der Mann steht vor dem Nichts, und dann sagt er: ‚Ich brauch was völlig anderes!‘ Und zack – kauft er einen Zoo…und er hat keinen Plan! Keine Ahnung von Tieren, kein Geld, null Erfahrung. Aber er tut’s trotzdem. Das, Liebes, ist Mut.“

“…oder lupenreiner Harakiri.“ denke ich.

Aber dann kommt dieser Satz.
Dieser eine Satz, der hängen bleibt, weil er so brutal einfach ist:

„Manchmal brauchst du nur 20 Sekunden mutigen Wahnsinn. Oder auch nur 20 Sekunden pure Peinlichkeit.
Und ich schwöre dir – etwas Großartiges wird daraus entstehen.“

Ich lehne mich zurück.
Weil – verdammt.
Der Satz trifft.

Und plötzlich reden wir gar nicht mehr über Matt Damon.
Sondern über uns.

Freddy sagt:
„Liebes, wir warten immer auf irgendwas Besonderes. Aber das Leben ist wie eine improvisierte Party am Naschmarkt um drei Uhr morgens: chaotisch, heiß, riecht seltsam – aber wenn du nicht mittanzt, verpasst du das Beste.“

Ich lache. Laut. Weil’s stimmt.
Und gleichzeitig autsch.

Wir alle kennen das, oder?

Dieses Gefühl, dass man längst was ändern müsste – Job, Beziehung, Wohnort, Lebensstil, whatever.

Aber dann kommt die Angst. Nicht die große, filmreife Panik – sondern dieses leise Flattern im Bauch, das flüstert:
„Was, wenn ich falle?“
„Was, wenn’s danach schlimmer wird?“
„Was, wenn ich dann… nirgends mehr dazugehöre?“

Also bleibst du.
Da, wo’s vertraut ist. Sicher.
Nur halt auch: eng.

Freddy unterbricht meine Gedankenspirale mit einem energischen Schnalzen.

 „Steve Kamb…kennst du den?“
„Sollt ich?“ frage ich.
„Amerikanischer Typ…egal…schreibt über Mut.“ klärt Freddy mich auf. „ der sagt: Du brauchst gar nicht dauernd Mut. Nur kurz. 20 Sekunden reichen. Danach läuft’s von selbst. Wie beim Kaltwasser-Duschen – einmal rein, schreien, fertig!“

Ich kichere. „Also kein Drama, nur kurz Wahnsinn?“
Freddy: „Genau! Eine Mini-Abkürzung durchs Hirn! Schnell handeln, bevor dein Kopf wieder mit ’nem Sack voller Ausreden kommt.

Ich liebe, wie er das sagt –
leicht drüber und doch auf den Punkt.

Denn genau das ist’s:

Wir denken zu viel über Mut nach, statt ihn einfach kurz zu tun.

Wir glauben, wir müssten stark, souverän und besonders sein –
dabei reicht’s, wenn du kurz mal nicht auf deine Angst hörst.

Ich frage: „Und was würdest du tun Freddy, wenn du 20 Sekunden komplett angstfrei wärst?“

Er lacht. „Ich würd dem Typen aus dem Pilatesstudio endlich sagen, dass er mich mit seinem herabschauenden Hund ganz schön zum schwitzen bringt. Und zwar nicht sportlich.“

Ich pruste. „Tja, und ich würd wohl endlich das klärende Gespräch führen, das sowas von überfällig ist. Dieser erste Satz, der so schwer über die Lippen kommt. Oder diesen unangenehmen Termin zur Vorsorge ausmachen, den ich auch schon ewig vor mir herschiebe“

Freddy seufzt.
„Na siehst du, Liebes. 20 Sekunden. Danach darfst du ja wieder Angst haben.“

Ich sitze still, und irgendwie klingt das so einfach, dass es fast nervt.
Aber ich weiß, er hat recht.

Und das ist irgendwie… befreiend.
Weil Mut plötzlich machbar klingt. Weil 20 Sekunden machbar SIND.
Einfach ein kleiner, wackeliger Sprung mit Augen auf.

Ja – danach kommt meistens Zittern.
Vielleicht ein bisschen Scham. Vielleicht Reue.
Und irgendwann dann… dieses leise Aufatmen:
Ich hab’s getan. Ich hab mich getraut.

Und genau da, mitten im Chaos, fängt Leben wieder an. Nicht perfekt. Aber echt.

Freddy grinst durchs Telefon (ich schwöre, man hört das):
„Liebes, ich brauch keinen Zoo. Ich brauch nur 20 Sekunden Mut und einen anständigen Lippenbalsam.“
Ich lache. „Dann zähl runter, Freddy. Drei, zwei, eins – los.“

Und während wir beide kichern, denke ich:
Vielleicht braucht es gar keine großen Schritte.
Vielleicht reicht manchmal ein winziger, ehrlicher Moment,
in dem du dich einfach traust –
bevor dein Kopf dich wieder zurückzieht in die Sicherheit.

Also.
Wenn du das nächste Mal spürst, dass du dich drückst –
stell dir einen Timer.
20 Sekunden.

Zähl runter.
3… 2… 1… los.
Sag’s. Tu’s. Klick’s. Schreib’s.

Und ja – dein Herz wird schlagen wie verrückt.
Aber das ist kein Zeichen von Angst.
Das ist das Zeichen, dass du gerade lebst.

Und wer weiß – vielleicht kaufst du dir dabei keinen Zoo.
Aber ein Stück Freiheit.
Und das, Liebes (um es mit Freddys Worten zu sagen) – das ist mindestens genauso wild.

 

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